Feen

Wirklich faszinierende Wesen diese Feen. Immer wenn man glaubt sie verstanden zu haben, ergeben sich neue Pfade auf denen sie einen überraschen können. Viele Kolleg*innen vor mir haben bereits Regeln herausgearbeitet nach denen Feen agieren. Aber hierbei ist Vorsicht geboten, denn die Expertise in der Kunst der Täuschung, die viele Feen im Laufe ihres Daseins erlernen, ist jener der Menschen in Welten überlegen und wir wissen längst nicht alles über ihre Magie und Welten.
Anbei ein paar dieser Regeln mit einem Wort der Warnung, dass es vermutlich nicht genügt, einfach nur auf diese Rücksicht zu nehmen. Wer weiß, was uns noch alles nicht bekannt ist über sie.
Feen sind von Natur aus nicht in der Lage zu lügen. Sie gleichen dies allerdings aus, mit einer Kunst Worte zu nutzen in denen sich die Wahrheit versteckt oder misinterpretiert werden kann. Meist offenbart sich einem die wahre Bedeutung erst, wenn es zu spät ist. Es ist äußerst wichtig, darauf zu achten, nicht ausversehen Verträge mit Feen abzuschließen, da der Vertragsbruch schlimme Konsequenzen mit sich ziehen kann. In der Gegenwart von Feen sollte man also genau auf ihre, aber auch auf die eigenen Worte achten.
Mittlerweile nutzen einige Großstadtfeen diese Fähigkeit gewinnbringend, indem sie aktive Mitspieler*innen in der Wirtschaft geworden sind. Nicht alle Feen sehen diese Entwicklung als positiv. Manche Feen der alten Schule sind nach wie vor der Natur verbunden und so kam es in der Vergangenheit bereits zu einigen unschönen Konflikten innerhalb der Feengesellschaft.
Unter den Feen gibt es verschiedenste Gruppen mit durchaus diversen Karrieren bzw. Überlebensstrategien. Wilden Feen begegnet man heutzutage nur noch recht selten ohne deren expliziten Wunsch danach. Sie leben meist zurückgezogen in Wäldern und schützen diese vor äußeren (meist menschlichen) Gefahren. Im Laufe der Zeit sind sie mit dem Schwinden der ihr geliebten Natur immer seltener geworden. Menschen gegenüber sind sie meist sehr feindselig eingestellt.

Innerhalb von Feenwelten wie dieser Wälder ist es wichtig, über gewisse Regeln bescheid zu wissen, um einem schlimmen Schicksal vorzubeugen. Wer in der Welt der Feen etwas, das von ihnen angebotenen wird, isst oder trinkt, muss für immer dort bleiben und kehrt nicht zurück. Die Zeit in diesen Welten vergeht sehr viel schneller als außerhalb. Wie hoch die Differenz zur Außenwelt ist, variiert von Ort zu Ort. Es ist besonders Sterblichen nicht geraten, sich dort allzu lange aufzuhalten, denn im Falle einer Rückkehr aus dem Feenreich kann das bedeuten, dass die eigene Lebenszeit außerhalb des Feenreichs bereits überschritten ist. Eines der bekanntesten Feenreiche ist die sagenumwobene Apfelinsel oder wie sie gerne auch häufiger übersetzt wird, Avalon.
Namen haben in der Kultur der Feen eine besondere Bedeutung. Das Wissen über den wahren Namen verleiht Feen Macht über die namenstragende Person. Wahre Namen können auch selbstgewählt sein, sollte die namenstragende Person im Laufe des Lebens entdecken, dass der bei Geburt gegebene Name falsch ist, weil er z.B. nicht ihrem wirklichen Geschlecht entspricht. In der Feenwelt haben tote Namen keine Macht. Wer sich vor möglichen Schaden durch Feenmagie schützen möchte, kann dies allerdings auch zum eigenen Vorteil nutzen. Den wahren Namen einer Fee zu kennen, bedeutet nämlich ebenso Macht über sie zu haben.
Aus diesem Grund haben einige Menschen einst angefangen ihren Kindern zweite Vornamen zu geben, die geheim gehalten wurden. Feen sichern sich im Alltag auch meist dadurch ab, dass ihr Rufname nicht der wahre Name ist, sondern ein ausgedachter Vorname. Dass sie keine Nachnamen dazu erfinden, hat den einfachen Grund, dass ein vollständiger falscher Name auf Dauer und mit wiederholter Nutzung zum wahren Namen werden kann. Bei Feenhochzeiten ist daher einer der wichtigsten Zeremonieakte der größte Vertrauensbeweis zu der Feen fähig sind: Sich gegenseitig den wahren Namen zu verraten.
Wer sich gegen Feen auf andere Weise verteidigen möchte, als ihren wahren Namen in Erfahrung zu bringen, muss zunächst wissen, um welche Art Fee es sich handelt. Je nach dem kann Metall eine abwehrende Waffe darstellen, da es auf viele Feenarten (besonders die naturverbundenen) giftig wirkt.
Manche Forscher*innen aus dem Industriezweig sind zudem überzeugt, dass auch Brot und andere verarbeite Getreideprodukte Feen schaden können. Dazu gibt es allerhand interessante Theorien, was der Grund dafür sein könnte. Ich halte es aber für eine falsche Annahme, da bisherige Experimente unter sehr fragwürdigen unwissenschaftlichen Bedingungen durchgeführt wurden.

In meinem Bekanntenkreis habe ich dazu die Zahnfee Nina (der Name ist vermutlich erfunden) befragt und dafür leider keine verwertbare Antwort bekommen. Ich bin aber nach wie vor dran.
Zahnfeen sind eine recht gut erforschte Feenart. Bekannt sind sie durch ihren Fokus auf Themen, die, wie der Name schon vermuten lässt, Zähne im Fokus haben. Im Austausch gegen diese Zähne sollen sie Münzen hinterlassen. Sie gehören eher zu den an Menschen angepassteren Feenarten und lernen ihr Handwerk auf akademischen Weg an Universitäten, an denen auch andere magische Wesen, wie z.B. Hexen lernen.

Hexen und Feen verbindet eine lange Freundschaft und deswegen sind Bündnisse zwischen ihnen nicht besonders ungewöhnlich. Seit jeher helfen sich Feen und Hexen in Situationen der Not. Ihr Wissen um Heilmagie und Natur gleichen sich mittlerweile derart stark, dass sie für Außenstehende kaum zu unterscheiden sind. Die Hexenringe, kreisförmig wachsende Pilzformationen, werden deswegen gerne fälschlicherweise auch als Feenringe bezeichnet.
Über Feen gilt es nach wie vor vieles zu entdecken. Ihre Gesellschaft ist gerade stark im Wandel. Junge Feen beginnen mit alten Traditionen zu brechen und diese Veränderungen führen in ganz verschiedene Richtungen. Was das für die Zukunft von Feen bedeutet bleibt vorerst offen.
Dr. Jane Jekyll, 2022